Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last,
ach, Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen
das Heil, für das Du uns bereitet hast.

Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus Deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst Du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört Dir unser Leben ganz.

Laß warm und still die Kerzen heute flammen,
die Du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, Dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so laß uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all Deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

Dietrich Bonhoeffer
Dezember 1944

Quelle:
Bethge, Eberhard; „Dietrich Bonhoeffer – Widerstand und Ergebung“ 16. Auflage 1997, o.O.; Seite 219

Comments

Eine Antwort zu „Von guten Mächten“

  1. […] Weitere Briefkontakte waren offiziell nicht erlaubt. Jedoch war es Bonhoeffer möglich über die guten Kontakte zu den Wärtern einen Briefkontakt zu seinem Freund Eberhard Bethge herzustellen.Aus der Zeit der Inhaftierung sind aus diesem Grund heute die Briefe an die Eltern, seine Verlobe und Bethge erhalten.Das ist leider auch das Einzige, was aus dieser Zeit von Bonhoeffer geblieben ist. Jedoch stammen aus dieser Zeit unter anderem seine beiden bekannten Werke „Wer bin ich“ und „Von guten Mächten„. […]

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