Was ich letztens schon ankündigte, wird heute bittere Wirklichkeit: Anni Brehme (gespielt von Linda Marlen Runge), die vermeintlich coolste lesbische Rolle in einer TV-Serie, bzw. Dailysoap, verlässt Gute Zeiten Schlechte Zeiten. Es bleibt die Frage, warum tangiert mich das so sehr. Zum einen natürlich, weil ich immer noch finde, dass Anni eine der besten lesbischen Rollen ist, die ich je kennengelernt habe. Da haben die Autoren und Menschen die diese Rolle geschrieben und verwirklicht haben, ganze Arbeit geleistet. Dieser Charakter ist einfach toll geschrieben und noch besser geschauspielert.
Aber auch die Romanze mit der taffen Geschäftsfrau Katrin Flemming (Ulrike Frank) ist mir sehr ans Herz gewachsen. In einem Interview erklärt sie (das ganze Interview findet ihr hier) :
„Solange etwas glaubwürdig ist, funktioniert alles. Man muss nur verstehen, warum die Figuren etwas machen und was sie bewegt.“
(Ulrike Frank) Dabei gebe ich ihr recht.
Aber was macht diese Geschichte so besonders?
Und bei dieser Frage kommt die Realität ins Spiel.
Kurz zusammengefasst beginnt die Story damit, dass Anni irgendwann checkt, dass sie sich in Katrin verliebt hat.
Katrin ist allerdings ihre Chefin. Dazu noch anscheinend hetero. Und ein paar Jahre älter. Und Katrin trauert irgendwie noch ihrer großen Liebe Bommel hinterher, der vor einiger Zeit verstorben ist.
Das realistische an dieser Geschichte: ungefähr alles.
Und ja, einige werden mich vielleicht für verrückt erklären, dass ich solche Geschichten für realistisch halte. Aber so ist es.
Eine Romanze mit der Chefin
Warum sollte es das denn nicht geben? Immerhin sieht man sich 5 Tage die Woche. Im Normalfall 5-8 Stunden am Tag (je nach Job). Warum sollte es dann also nicht auch zwischen zwei Menschen funken? Was ist daran so abwägig? Man hört das ja auch immer wieder mal.
Oder auch eine Romanze zwischen Dozenten und Studierenden. Auch daran ist nichts Abwegiges. Das kann ich so bestätigen. Auch das gibt es in der Realität. Und gar nicht mal so selten wie alle glauben. Es wird halt nur nicht offen drüber gesprochen, denn es ist ja schon noch irgendwie „verboten“. (Wobei ich mir immer wieder die Frage stelle, wie man die Liebe verbieten kann… aber das ist ein anderes Thema.)
Während der ganzen Romanze zwischen Katrin und Anni ist das allerdings nie ein richtiges Thema. Und ich finde das super. Denn die Thematik „Romanze mit der Chefin“ soll nicht im Vordergrund stehen.
Eine bisher heterosexuell lebende Frau lässt sich auf eine andere Frau ein
Das gibt es. Punkt. Da lasse ich nicht mit mir diskutieren.
Und auch dazu kann ich nur sagen: ich finde es genau den richtigen Weg, dass die Autoren von GZSZ dieses Thema nicht in den Vordergrund stellen. Denn es ist heute sowas von normal, dass Menschen sich ausprobieren und sich auf neue Dinge einlassen, dass es auch wirklich im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr Thema sein sollte.
Eine Romanze mit Akteuren verschiedenen Alters
Tja, sollen wir wirklich darüber diskutieren? Auch das ist absolut im Rahmen des Möglichen und passiert häufiger als wir es denken, sehen, mitbekommen.
Kann man sich wieder verlieben bzw. lieben, wenn man seine große Liebe verloren hat?
Dieses Thema ist das Einzige, was gelegentlich während des Plots um Katrin und Anni angesprochen wird. Denn Katrin hadert immer noch mit sich, ob sie nach Bommel überhaupt noch lieben kann. Ich spoiler jetzt mal: ja, sie hat sich schon in Anni verliebt (sie sagt es nicht, aber es ist ziemlich eindeutig zu sehen…). Sie gesteht es sich nicht zu, bzw. erst sehr sehr sehr spät, aber sie muss erst von mehreren Seiten und auch häufiger gesagt bekommen, dass sie verliebt ist, bzw. lieben kann. Sie muss es nur zulassen. Und auch das finde ich äußerst realistisch.
Natürlich ist der Tod eines geliebten Menschen schwer zu verkraften. Und besonders der Tod der großen Liebe. Es gibt Menschen, die sich danach der Liebe komplett entziehen und sich einfach in einen kleinen Turm flüchten. Aus theologischer und seelsorgerischer Sicht ist es wichtig zu trauern. Sehr wichtig sogar. Und jeder sollte so lange trauern, wie er es für wichtig, richtig und nötig hält. Und das kann auch nur jeder für sich entscheiden. Da kann einem keiner reinreden.
Aber es ist auch wichtig, irgendwann wieder ins Leben zurück zu kehren. Und sich auch irgendwann wieder für anderen Menschen zu öffnen. Ich denke keiner möchte in solch einer Situation den verstorbenen Partner ersetzen. Das ist nicht möglich. Kein Mensch ist ersetzbar. Und das ist auch nicht das Ziel des Spiels. Sondern es geht darum, wieder am Leben teilzunehmen und sich auch wieder glücklichen Momenten hinzugeben.
Und genau hier endet die Geschichte von Katrin und Anni.
Kurz und knapp. Denn Katrin kann erst einmal nicht über ihren Schatten springen und sich nach dem Tod Bommels auf eine Beziehung einlassen.
Anni kündigt ihren Job bei Katrin – auch realistisch.
Als Katrin sich schlussendlich doch eingesteht, dass sie sich vielleicht doch eine Beziehung mit Anni vorstellen kann, ist Anni schon über alle Berge.
Und das ist das Einzige, was ein wenig unrealistisch wirkt. Natürlich versteht man, dass Anni am Boden zerstört ist. Sie hat anscheinend die perfekte Frau für sich gefunden. Allerdings soll es zwischen den beiden erstmal nicht zur offiziellen Beziehung kommen. Anni ist konsequent und beendet das Ganze, weil sie halt schon echt tief mit Gefühlen drin steckt. Auch noch realistisch. Es würde nur weiter wehtun.
Anni verlässt Berlin und lässt alles hinter sich. Freunde, Wohnung, die perfekte Frau. Da würde ich sagen, das ist etwas unrealistisch.
Ich hatte auch schon mal das Bedürfnis wegzulaufen. Das hatte vielleicht jeder schon mal. Aber flüchtet man gleich aus der Stadt? Für immer? Nun ja…
Tja, aber irgendwie musste die Geschichte um die Rolle Anni Brehme ja beendet werden.
Ich finde das Ende super schön, obwohl es ein Ende ist. Anni singt noch einen wirklich sehr schönen Song über die Liebe – natürlich mit eingespielten Blenden zu Katrin. Und am nächsten Tag verschwindet sie dann ohne irgendein Wort darüber zu verlieren, ob oder wann sie wieder kommt. Anni bleibt ihrer Linie treu: konsequent. Und eigentlich finde ich es sehr schön, dass jemand mal durch solch ein Statement zugibt, dass Liebe echt scheiße weh tun kann, wenn sie auseinander geht.
Für mich bleibt jetzt zu überlegen, ob ich GZSZ noch weiter als Zuschauerin erhalten bleibe. Mal sehen. Diese Story hat mich auf jeden Fall gepackt und ich fand sie wunderschön. Danke liebes GZSZ-Team, dass ihr diesen Plot mit aufgenommen habt. Und vielen Dank an die wirklich wunderbaren Schauspielerinnen Linda Marlen Runge und Ulrike Frank. Ich glaube ihr habt der Lesbenwelt eine wirklich fantastische Story erzählt und macht vielen Mut, auch zu ihren Gefühlen zu stehen! Danke.
Wunderschön!