Dankbar für die Zeit – Wise Guys

Ich schaue auf den Boden. Ich zähle meine Schritte.
Ein Loch in meinem Herzen. Ein Loch in unsrer Mitte.
Ein Meer aus bunten Blumen, doch ich seh sie nur verschwommen.
Die Menschen, die dich liebten, sie alle sind gekommen
und versuchen, zu verstehen und einander Halt zu geben.
Ich hör den Pfarrer sagen, Sterben sei ein Teil vom Leben.
Ich hätte dir so gerne noch so viel gesagt.
Und ich hätte dich so gern noch so viel mehr gefragt.

Ich bin dankbar für die Zeit,
die wir zusammen hatten,
bin dankbar für das Licht,
und ich bin dankbar für den Schatten.
Doch ich kann es nicht verstehen.
Ich kann es nicht mal fassen,
dass Du nicht mehr bei uns bist.
Ich muss dich gehen lassen.

Nicht weit vom Haupteingang des Friedhofs,
wo andere Trauergäste warten,
liegt hinter einer Hecke ein kleiner Kindergarten.
So zerreißt ein helles Kinderlachen mal von Zeit zu Zeit
die Stille und die Leere und die Fassungslosigkeit.
Sogar in diesem Augenblick,
wenn man die Welt nicht mehr versteht,
will das Leben uns wohl zeigen, dass es trotzdem weitergeht.
Und es erinnert uns auf diese Art daran,
dass einem Abschied auch ein Anfang innewohnen kann.

Ich bin dankbar für die Zeit..

Ich warte immer noch darauf,
dass mich schnell jemand weckt,
dass jemand sagt: „Ein falscher Film!
Wir ham dich nur erschreckt!“
Die Wunde mag verheilen, irgendwann.
Aber eine große Narbe bleibt auch dann.
Jetzt gerade kommt’s mir vor, als lässt du mich allein.
Doch ich weiß: Du wirst für immer bei mir sein.

Ich bin dankbar für die Zeit…

MUSIK & TEXT: DANIEL “ DÄN“ DICKOPF


Im Ende der Anfang

Als ich das Lied das erste mal gehört habe, wusste ich nicht so richtig wie ich darüber denken soll. In dem Lied geht es um den Tod eines geliebten Menschen. Die Wise Guys singen von Dankbarkeit für die miteinander verbrachte Zeit. Ich habe mich gefragt, wie man in seiner Trauer dankbar sein kann.

Der Theologe Jürgen Moltmann hat vor Jahren mal eine Abhandlung über das Thema Tod verfasst. Es heißt „Im Ende der Anfang„.
Kurz zusammengefasst geht es darum, dass das Lebensende eines Menschen schrecklich ist, jedoch daraus auch ein neuer Anfang entstehen kann. Der Titel von Moltmanns Buch bezieht sich natürlich auf den Fall Jesus Christus.
Auf sein Sterben, Tod und seine Auferstehung. Und auf alles, was in der 2000-jährigen Geschichte nach seinem Tod folgte.
Man kann die Aussage „Im Ende ein Anfang“ aber auch auf viele weitere Situationen übernehmen. Ein neuer Anfang entsteht nämlich auch für die Hinterbliebenen. Denn von nun an, muss man ohne den verstorbenen Menschen durchs Leben gehen. Man wird als Hinterbliebener sogar dazu gezwungen neu anzufangen.

Die Wise Guys singen in ihrem Lied über Dankbarkeit. Sie sind dankbar für die Zeit, die sie mit der verstorbenen Person hatten. Das klingt so abstrus. Dankbar sein, obwohl ein geliebter Mensch nicht mehr bei einem ist.

Es klafft ein Loch in meinem Herzen

Ende Dezember 2014 bekomme ich am Abend einen Anruf von einer Freundin. Ich lege auf und kann Minuten lang nichts sagen. Eine gute Freundin von uns ist an diesem Tag in ihrer Wohnung umgekippt und im Krankenhaus verstorben. Mit 34 Jahren.
Ich hatte morgens noch mit ihr getextet. Das konnte nicht passiert sein. Es konnte nicht wirklich passiert sein.
Es klafft ein Loch in meinem Herzen. Ein Loch in unserer Mitte. Wie es vielen Menschen geht, die einen Menschen aus ihrem Leben plötzlich verlieren, stelle ich mir viele Fragen.
Wie konnte das passieren?
Warum ist das passiert?
Warum lässt Gott so etwas geschehen?
Jedoch werden diese Fragen nie beantwortet.
Ich hätte ihr gern noch so viel gesagt.
In den nächsten Tagen trifft sich der Freundeskreis regelmäßig.
Wir trauern gemeinsam, kommen zur Ruhe, essen, rede und weinen gemeinsam. Aber wir lachen auch gemeinsam.

Eine Freundin erzählt davon, wie sie die Verstorbene kennengelernt hat. Schlussendlich erzählte jeder eine Geschichte über das Zusammenleben mit ihr. Interessante und sogar lustige Gespräche entstanden.
Wir sprachen über so viele Erlebnisse die wir mit der Verstorbenen hatten. Geschichten die Herz und Gemüter erfreuten. Geschichten die uns auch ein wenig wiederbelebten. Die einen Teil unserer gemeinsamen Trauer auffingen.

Was bleibt sind Erinnerungen

So kitschig wie das jetzt auch klingt, aber das ist doch das, was von einem Menschen nach seinem Tod bleibt. Die Erinnerungen der Hinterbliebenen und das Denken an diesen Menschen. Der Körper ist vergänglich, aber das was wir einmal zusammen erlebt haben, das bleibt in den Köpfen und Herzen der Menschen.
Heute, mehrere Jahre später kann ich sagen, dass das ein guter Weg des Trauerns war. Wenn man es denn einen „guten Weg“ nennen kann. Und aus der Trauer hat sich eine neue Freundschaft entwickelt.
Wir haben gelernt das Leben wieder und gerade jetzt zu genießen und zu leben.

Ich bin fest davon überzeugt, dass hierbei der Satz Jürgen Moltmanns 100% passt: Im Ende der Anfang.
Der Abschied, so schlimm er auch war, brachte eine neue Freundschaft hervor. Auch heute lachen und weinen wir gemeinsam. Über alle Dinge die im Leben passieren.
Und genau das ist es doch, was den Menschen nach dem Tod bleibt. Erinnerungen und aneinander Denken.

Auch das Neue Testament ist so entstanden. Menschen die sich an Jesus Christus erinnerten, haben aufgeschrieben wie sich seine Geschichte zugetragen hat. Sein Leben, sein Sterben und seine Auferstehung. Und diese Geschichten bestehen seit über 2000 Jahren in den Köpfen der Menschen und auf dem Papier der Bibeln dieser Welt. Nach dem Tod gibt es eben doch einen Anfang. Und wir können dankbar sein für die Zeit die wir mit den Menschen unserer Zeit verbringen können. Sagt den Menschen die ihr gern mögt doch mal gelegentlich, dass ihr sie mögt. Auch wenn man dann manchmal komisch angesehen wird. Aber jeder hört gern das er geliebt wird!

Die Trauer wird immer bleiben

Heute fahre ich täglich auf dem Weg zur Arbeit an der Wohnung meiner Freundin vorbei. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich täglich an sie denke. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, die Trauer hört nicht auf. Aber man lernt mit ihr zu Leben. Gestern, am 29.12. war ihr Todestag. Jetzt fragt sich der eine oder andere, warum ich diesen Beitrag nicht gestern veröffentlicht habe. Ich kann Euch sagen warum. Weil ich gestern einfach nicht darüber schreiben konnte. Ich habe diesen Beitrag Monate lang aufgeschoben, weil ich wusste, dass der 29.12. kommen wird und das Lied perfekt passt. Er war sogar schon zu großen Teilen fertig. Und dann war ich an diesem Tag wie gelähmt. Auch das bringt die Trauer mit sich: eine gewisse Lähmung. Gestern habe ich gelernt: auch damit muss ich leben.

Damals wie heute gilt: Trauern ist so unfassbar wichtig. Jeder sollte auf die Art und Weise Trauern, wie er denkt, dass es richtig ist. Und wie er es für angemessen empfindet. Und auch dabei kann ich mich schlussendlich nur noch einmal wiederholen: Sagt den Menschen die ihr liebt, mögt oder gern habt heute, morgen, übermorgen und so oft ihr könnt und wollt, dass ihr sie mögt! Es wird gut tun das zu sagen und zu hören.

beten

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